Aus der handschriftlichen Schulchronik von Wildau:
Schuljahr 1926/27
Neues Schuljahr
Das neue Schuljahr beginnt am 1. April 1926. Aufgenommen
werden in den 8. Klassen 43 Knaben und 42 Mädchen , zusammen 85. Im vorigen
Jahre waren es die Hälfte. Die Schule faßt am 1.4.1926 , 256 Knaben und 234 Mädchen,
zusammen 490 Kinder.
Klassen
Anschauungsmittel
Hat unsere Schule eine große Fülle. Es gibt wohl kaum eine
Schule, die damit so reichlich versorgt ist. Auch im neuen Schuljahr werden die
Anschauungsmittel vermehrt. Die Lehrerbücherei wurde durch viele neuzeitliche
Bücher bereichert.
(Seite 131)
Die Schule ist noch im vorigen Jahre (1925) vollständig renoviert
worden. In diesem Jahre werden deshalb keine großen Reparaturen notwendig.
Schulbühne
In der Aula läßt der
Rektor mit möglichst wenig Mitteln eine Bühne bauen, die dem dramatischen Spiel
der Schuljugend dienen soll.
Schulkino
Der Rektor war im vergangenen Jahr sehr rege. Verzeichnis
der (…)* Filme i. d. Hd. Des Lichtspielvorführers Herr Lehrer Lindow. (*Stelle im
Original freigelassen)
Aufnahmen aus der Grundschule in die Oberschule Eichwalde und n das Gymnasium nach Königs Wusterhausen
Die Aufnahmeprüfung in die weiterführenden Schulen
Königswusterhausen und Eichwalde bestanden alle Schüler und Schülerinnen: Otto
Czarnetzki, Fritz Ditschler, Hermann Fahrmärke, Hermann Kauschalz, Erich Peper,
Margarete Kniffert
Schularzt Hr. Bischoff, Dentist Voß
Von Zeit zu Zeit finden Vorsorge-Untersuchungen der Kinder statt. Die Untersuchungen der Zähne ….
Zu diesem Zwecke werden von der Gemeinde Chloroform und ein Waschtisch angeschafft. H.Voß nimmt seine Untersuchungen aber sehr genau und reicht nach Jahresfrist eine übersichtliche Zusammenstellung ein. Die Kinder werden alle gewogen und gemessen. Im Mai fand die Wiederimpfung statt.
Schulfeiern
Am 17.2 große Pestalozzi-Feier in der Schule. Festrede hält der
Rektor. 11.8. Verfassungsfeier in der Aula, Weihnachtsfeier,
Schulentlassungsfeier am 5.8. Lehrer Erich Engel, Beeskow
Besuche der Arbeitsklasse des Rektors
Am 28.8. H. Lehrer Nikolaus, Niederlehme, am 6.11.
Oberregierungsrat Kohlbach, die Schulräte Wolff, Brandenburg; Günther,
Luckenwalde; Hoppe Jüterbog, am 12.12., Rektor Burmeister, Luckenwalde, Am 2.3.
16 Junglehrer der A.G. (Oberschöneweide-Treptow), Am 3.12. das Lehrerkollegium
der Lehrergemeinschaftsschule Oberschöneweide. Am 5.3. Frau Frieda Saul,
Liebenwerda, 21.3. Lehrer Kretschmann, Holbeck; 24.6 Lehrerin Elf. Krull u.
Elise Obst, Luckenwalde, u.a.
Unterrichtsausfall
(wegen) Extrem großer Hitze am 10.8 (ab) 11.Uhr,
27.8 (ab) 12 Uhr
Schulvorführungen
27.10.26 Märchenfreund Franz Römer, 12.2 fliegende Hunde,
10.9 Zirkus in Kgsw. (Königs Wusterhausen), 24.1.27 Lutherfestspiele zu Königs
Wusterhausen, 1.u.2. Kl. Ins Theater nach Berlin
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Schulsparkasse
Am 18.1.27 wird die Schulsparkasse wieder eingerichtet. 2
Herren (unleserlich) das Einnehmen der Spargelder ab. Die Spartätigkeit
der Kinder macht gute Fortschritte.
Kurse für Lehrer
3-5. Februar, Rektor u. Konrektor Rudolph nehmen an dem 3
tägigen Kursus der Pädg. Akademie, Cottbus, teil. Am 29.-31. März nahm Frl.
Schmidt an einem Kursus f.d. Grundschule teil.
Schulkino
Wegen polizeiwidriger Anlage und Einrichtung des früheren Schul-Kinos
untersagt der Amtsvorsteher öffentliche Aufführungen. Für die Schulkinder finden
auch weiterhin Lichtspielvorführungen statt. Gezeigt werden am 11.5.26: „Hinter
den Kulissen der deutschen Reichspost“, 3.9.26 (unleserlich), 8.3. Bismarck
Schulausflüge
Im Juni und August machten die einzelnen Klassen
Motorbootfahrten. 9-14.8 fährt H. Lehrer Krüger mit den Knaben und Mädchen der
1.Kl. nach der Insel Rügen. Theater und der Zirkus Busch wurden besucht, ebenso
der Zoo und der Botanische Garten Dahlem.
Schulspeisung
Die Durchführung liegt jetzt ganz in den Händen der Schule.
Sie wird von Herrn Konrektor Rudolph geleitet. Es erhalten 100 Kinder Milch und
Brötchen.
Konferenzen
Am letzten Tage vor Beginn der Sommerferien fand wie im
vergangenen Jahre, eine Kreislehrerkonferenz im Bahnhofshotel Schulz in
Königswusterhausen statt. Der Herr Grumbrod sprach über Schulhygiene.
Lehrer
Die Schule zählt 12 Lehrer, 1 (unleserlich) u. eine
technische Lehrerin, zusammen 14 . Da die Stelle des Hr. Markgraf noch immer
nicht besetzt ist, wird ein Teil des Unterricht u. Aufsicht d. Klassenlehrer
von den beiden Hospitanten Lüthko u. Schny übernommen. Außer den genannten
Herren hospitiert noch Frl. Schulz. Alle 3 erhalten vom Staat
Fortbildungszuschüsse in Höhe von 75 und 70 M monatlich. Die Hospitanten werden
von den Klassenleitern und dem Schulleiter angeleitet. Sie unterrichten in
einigen Stunden selbst.
Schulvorstand
Der Schulvorstand, der seinem Namen nach die wichtigste
Einrichtung der Schule sein müßte, wird vom Vorsitzenden, Herr Bürgermeister
Rosenbaum leider nur selten zusammengerufen. Über externe Angelegenheiten der
Schule entscheidet unerklärbarer Weise meist der Gemeindevorstand.
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Jugendpflege
Jugendpflege wird hier im Orte reich getrieben. Es gibt 2
Turnvereine,1 Fußballklub, 1 Schwimmverein, 1 Theaterverein, 1 Musikverein. An
den meisten nehmen auch Kinder teil. Der Rektor als einziger aus dem Kollegium,
der Jugendpflege treibt, versammelt seine Jugendlichen in der Regel alle 14
Tage in der Schule. Der Verein trägt den Namen „Gemeinschaft früherer Schüler
u. Schülerinnen der Oberklasse“. Er teilt sich in Interessengruppen auf, z.B.
die Musikgruppe, gesang-, Literatur-, Bühnenspielgruppe u.a. Die vielseitige
Gliederung in der Hand nur eines Mannes übersteigt dessen Kraft. Die
Gemeinschaft führt, nach den einzelnen Jahrgängen geordnet, Klassenbücher die
unter den Mitgliedern umlaufen und mitunter sehr interessante Berichte
enthalten. (nicht überliefert)
Schön ist es, daß die in der Schule gefügte
Klassengemeinschaft durch das vielgestaltige Leben des einzelnen nach der
Schulentlassung nicht zerbrochen ist und Knaben und Mädchen fest
zusammenhalten. Über Sitzungen, Veranstaltungen, Ausflüge, Feiern etc. s.
Protokollbuch d. Gemeinschaft.
Ortsausschuß
Der Ortsausschuß f. Jugendpflege enthält die Vertreter
sämtlicher Vereine, die Jugendliche beherbergen. Erster Vorsitzender ist
Schöffe Tänzer, 2. Vorsitzender Rektor Werder. Weiteres über Sitzungen in
besonderer Mappe. (nicht überliefert)
Sportplatz
Am 2. Oktober wird der Sportplatz eingeweiht. Alle Vereine entsandten
Abgesandte. Regierungs- und Kreisvertreter sind anwesend. Nachher findet
geselliges Beisammensein bei Kiekebusch, Hoherlehme statt. Der Sportplatz ist
eine Zierde des Ortes und wird sehr rege benutzt. Die Schule hält am Vormittag
daselbst ihre Turn- und Spielstunden ab – wie in allen Jahren fanden auch
diesjährig Kreisjugendwettkämpfe bei Mädchen und Knaben statt.
Elternbeirat
Der Elternbeirat versammelte sich im vergangenen Jahr
zweimal. Es wurden Stundenplan und andere schulischen Fragen durchgesprochen.
Der Rektor hielt einen Vortrag über „Arbeitsschulmäßige Hausarbeit“, Sitzungen,
Mitglieder etc. in besonderen Protokoll. Am 6 Juni Neuwahl.
Elternversammlungen
Der Rektor
versammelte die Eltern viermal in der Schulaula. Vorträge: „Das Haus und die
schriftlichen Arbeiten der Kinder, Auslegung sämtlicher Hefte, Mappen, Arbeiten
der Kinder, Bedeutung des Puppen und Bühnenspiel, sämtl. gefallen (unleserlich)
Rektor W(erder). Vorträgen folgte eine rege Aussprache. Anwesenheitsliste
besonders, Zu Weihnachten fand eine große Weihnachtsfeier statt. Jede
Versammlung beginnt und schließt mit Gesang aus bes. Liederheft. Die Mitarbeit
und das Mit(unleserlich9 der Elternschaft an den Aufgaben der Schule ist ein
nicht zu unterschätzender Wertfaktor. Trotz mancher Anfeindungen von verschiedensten
Seiten halte ich diesen Weg für den einzig richtigen und werde ihn weiter immer
sicherer und zielsicher gehen.
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Arbeitsschule
Auch in den anderen Klassen wird zum Teil schon frühzeitig
gearbeitet. Da die Herren schon das 50. Lebensjahr überschritten haben wird
manchen die Ausstellung recht sauer. Ich kann aber zu meiner größten Freude
feststellen, daß überall Arbeit und Streben sichtbar ist. Ich selbst übernahm
vor zwei Jahren das 5. Schuljahr einer Mädchenklasse und führe diese Klasse bis
zur Schulentlassung durch. Die Kinder haben schon nach 2 Jahren gelernt, im
höchsten Maße selbstständig zu handeln. Viele Gäste besuchen die Klasse.
Näheres s. Gästebuch (nicht überliefert)
Zeitschriften
Wurden folgende gelesen: Die Volksschule, Die Pädagogischen
Werke, Die Preußische Leherzeitung, Die Leibesübungen
Elternblatt
Das Elternblatt der Provinz Brandenburg gelangt auch durch
die Kinder in die Hände der Eltern, die es sehr gern lesen.
(…)
Einheitskurzschrift
Der Unterricht in der R.S.K. machte Fortschritte. Eine große
Zahl von Kindern nimmt an diesen Kursen teil. Den Unterricht erteilen die
Herren Becken und Krumm I.
Schulentlassung
Die Schulentlassungsfeier fand am 31. März in der Aula unter
Beisein des gesamten Kollegiums, der Kinder der Oberklassen und vieler Eltern
statt. Die Aussprache hielt Hr. Lehrer Krüger. Es wurden 71 Kinder entlassen.
Wie im Vorjahre wurden an besonders fleißige Kinder wieder wertvolle Prämien
verteilt.
Benutzung von Schulräumen
Die Schulräume, hautsächlich die Aula und Turnhalle werden
weder von vielen Vereinen benutzt. Auch der Schulhof diente vielen
Versammlungen, da das Haupt-Gasthaus des Kasinos von der Sozialdemokratischen
Partei, die die meisten Anhänger in Wildau hat, boykottiert wird. Man plant den
Bau eines eigenen Gewerkschaftshauses.
(Seite 135)
Ferien
|
Schluß |
Beginn |
Dauer |
Ostern |
31.3.26 |
13.4.26 |
12 |
Pfingsten |
21.5.26 |
1.6.26 |
10 |
Sommer |
2.7.26 |
3.8.26 |
31 |
Herbst |
1.10.26 |
19.10.26 |
14 |
Weihnachten |
22.12.26 |
7.1.27 |
15 |
Lehrerinnen
Am 11. Juni fand 2.Prüfung der technischen Lehrerin Frl.
Rothkähl (statt), bestanden mit gut. An der Schule müßten in den Mädchenklassen
mehr Lehrerinnen beschäftigt werden.
Wirtschaftliche Lage
Die wirtschaftliche Lage besserte sich. Die Zahl der
Erwerbslosen nahm ab; trotzdem sind noch lange nicht alle Entlassenen wieder
eingestellt. Auch von anderen Orten erhielten wir Zuzug. Die wegen der
Wohnungsnot Armenfürsorge bevorzugt werden, hatte die Schule durch diesen Zuzug
keinen Kinderverlust. Da viele Jugendliche nach ihrer Entlassung nicht sogleich
untergebracht werden, laufen sie Gefahr zu verbummeln und sittlich zu
verwahrlosen. Auch die allgemeine Fortbildungsschule fehlt noch immer. Für die
Mädchen ist sie überhaupt nicht vorhanden: einsichtige Eltern lassen ihre
Kinder, die stellenlos sind, nach Entlassung, die Schule freiwillig weiter
besuchen.
Werder (Lehrer Markus Werder war von 1924-1933 Rektor an der Schule in Wildau)
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